Forschung Musikpädagogik

Ein musikpädagogisches Integrationsprojekt

Im Rahmen des mehrjährigen Projektes BaBeL und anderen Quartierentwicklungsprojekten der Hochschule Luzern hat sich gezeigt, dass eine Korrelation zwischen familiärem Bildungsniveau und sozio-ökonomischer Situation einerseits und musikalischer Betätigung der Kinder anderseits besteht.
Je bildungsferner das familiäre Umfeld, desto weniger musizieren die Kinder – so eine Hypothese, die sich aus den erwähnten Erfahrungen ableiten lässt.
Das Forschungsprojekt entwickelt und evaluiert ein musikpädagogisches Modell, durch das Kinder aus sozioökonomisch benachteiligten Familien zur musikalischen Aktivität hingeführt werden.
Es ist davon auszugehen, dass Hindernisse zwischen den betreffenden Familien bzw. ihren Kindern und der öffentlichen Musikschule zu bestehen. Vorliegendes Forschungsprojekt fragt nach dem Beitrag von musikalischen Aktivierungsprozessen bei Kindern aus sozioökonomisch und/oder bildungsbezogen benachteiligten Schichten zum Erwerb von kulturellem Kapital bzw. nach der Art der Hindernisse an den Bildungsschnittstellen Familie-Schule-Musikschule (vgl. Josties 2007).

Es werden folgende Hypothesen geprüft:

1. Obwohl Musikschulen ihre Angebote an Volksschulen bekanntmachen, sind Eltern und Kinder durch die Volksschule nicht, zu wenig oder in ungeeigneter Art über die Möglichkeiten eines Musikschulunterrichts informiert.
2. Eltern der Kinder schätzen die Kosten des Musikschulunterrichts (und Instrumentenmiete und Noten) höher ein als dessen Wert für ihre Kinder hinsichtlich Bildungsgewinn und Integrationsleistung, oder die Musikschulgebühren sind real zu hoch.
3. Die bestehenden (musikstilistischen und musikpädagogischen) Angebote von öffentlichen Musikschulen (aber auch von Jugendchören und -blasorchestern) sind für Eltern und/oder ihre Kinder nicht ausreichend; für den Einstieg in den Musikschulunterricht gibt es keine geeigneten Angebote.
4. Eltern sehen keine Möglichkeiten, zu Hause geeignete Übestrukturen zu schaffen, was sie von einer Anmeldung ihrer Kinder zum Musikschulunterricht abhält.

Die Forschungsfrage, wie Kinder aus sozioökonomisch benachteiligten Schichten zur musikalischen Betätigung aktiviert werden können, wird im Rahmen eines Entwicklungsprojekts behandelt.

Modellprojekt

1. Es wird ein Modellprojekt auf der Basis bestehender methodisch-didaktischer Literatur und den Erfahrungen aus dem Projekt BaBeL entwickelt, dazu ein Profil der Professionskompetenzen (kognitive, emotionale, soziale, musikalische und technische Fähigkeiten) von Musiklehrpersonen und soziokulturellen Animatoren/-innen entworfen, die das Modell anwenden.
2. Die Umsetzung des Modells wird forschend begleitet: Teilnehmende Beobachtung auf der Basis eines Leitfadens und mit selektiver Videodokumentation einzelner Bandworkshops; Leitfaden- und narrative (Gruppen-)Interviews mit den sechs der ca. 25 teilnehmenden Kindern und deren Eltern, 3 Lehrpersonen des teilnehmenden Schulhauses in Zug (Guthirt) und 3 Personen der Leitungen und Lehrkörpers der Musikschulen der Städte Zug und Luzern. Fragen zur Lebens- und Familienwelt der Kinder erfordern spezielle forschungsethische Vorüberlegungen, grosse Sensibilität bei den Interviews und bei der Publikation der Resultate. Die am Praxistest teilnehmenden Studierenden bringen ihre Erfahrungen im Rahmen des musikpädagogischen Unterrichts ein. Um die Nachhaltigkeit des Modells zu prüfen, wird bei den ausgewählten sechs Kindern und deren Eltern eine Nachbefragung durchgeführt.
3. Interpretation, Kategorisierung und Zusammenfassen der Daten unter Berücksichtigung von Gender- Aspekten und allenfalls der unterschiedlichen fremdkulturellen Herkünfte der Kinder (vgl. Schläblitz 2007). - Ein Austausch mit zwei externen Experten/-innen und weiterer Dozierenden der HSLU M und SA prüft, inwieweit die im optimierten Modell verallgemeinerbar sind.